Thai-deutsche Diplomatie

Thai-Studenten in Heidelberg (aus dem Beitrag von Chaiwat Thiraphan)
Vorzüglicher Thai-Deutscher Jubiläumsband

Zweieinhalb Jahre dauerten die Sammlung, das Lektorat, zwei Übersetzungen und die Pro­duk­tion, aber Anfang kommenden Jahres wird nun das im Auftrag der König­lich Thai­ländischen Botschaft vor­züg­lich edierte und ge­druck­te Sammelwerk über die Geschichte von ein­ein­halb Jahr­hunder­ten Diplo­matie und Völker­freund­schaft zwischen Deutschland und Thailand in einer einmaligen Auflage erscheinen.

Das 346 Seiten starke und fast ein Kilo schwere Buch im Format 16,8 x 24,2 cm, das gerade noch als Ein-Kilo-Brief oder Buchsendung durchgeht, enthält je ein Grußwort der Botschafterin Thailands in Berlin, นงนุช เพ็ชรรัตน์  Nongnut Phetcharat („Nongnuth Phetcharatana“) und Thailands Honorargeneralkonsul in Hamburg, Wolfgang Krohn. Nach dem einleitenden Aufsatz durch den Herausgeber Volker Grabowsky „150 Jahre Thai-Deutsche Begegnung“, dem zahlreiche Originaldokumente und Abbildungen in hervorragender Druckqualität beigegeben sind, folgen 15 Aufsätze, die teilweise bisher kaum wissenschaftlich aufgearbeitete Thai-Deutsche Themen behandeln.

Diese Vorträge waren im Jubiläumsjahr 2012 während des Symposiums „150 Jahre deutsch-thailändische Beziehungen“ im Asien-Afrika Institut der Universität Hamburg, in der Studienkonferenz „Gegenseitige Wahrnehmung vor und in der Zeit der Globalisierung“ an der Humboldt Universität Berlin, sowie in einem Seminar an der deutschsprachigen Abteilung der Chulalongkon Universität in Bangkok vorgetragen worden.

Sympathischer Aspekt: Nahezu alle diese Vorträge, auch die der thailändischen Wissenschaftler, waren deutsch im Original gehalten worden: Eine nachahmenswerte Anknüpfung an die stolze Geschichte der deutschsprachigen Asien- und anderen Wissenschaften. Zwei Aufsätze wurden für das Buch übersetzt. Der Band enthält zudem ein ausführliches Literatur- und Autorenverzeichnis.

Die Aufsätze
(Thai-Namen im Original, dann in regelhafter Übertragung (die in etwa der deutschen Aussprache entspricht), dazu in Klammern ggf. eine abweichende eigene Schreibweise)

1 อำภา โอตระกูล Ampha Otrakun („Otrakul“)
150 Jahre Thai-Deutsche Begegnung im Spiegelbild von Prinz Rangsits Familiengeschichte (Seiten 26–43)
Das Leben des im Deutschen Reich ausgebildeten, mit einer deutschen Frau verheirateten Prinzen Rangsit ist ein erstaunlich wenig bekannter Aspekt der Thai-Deutschen Geschichte. Wer den Vortrag in Hamburg erlebt hat, wird zudem die kurzweiligen Anekdoten, die Prof. Ampha aus ihrer Schulzeit und zur nationalpatriotischen Einstellung von Thailands politischen Führern, Lehrern und Beamten zum besten gab, sicher nicht vergessen.

2 ศ. ดร.พรสรรค์ วัฒนางกูร  Phonsan Watthanangkun („Pornsan Watanangura“)
Die Rolle Deutschlands bei der Wahrung der Unabhängigkeit Thailands (Siams) angesichts der Kolonialpolitik der europäischen Großmächte (44–65)
Die Autorin weist nach, daß die Rolle des Deutschen Reichs bei der Wahrung der Unabhängigkeit Siams offenbar wichtiger gewesen ist, als oft angenommen wird.

3 Iris Vitense
Die Anfänge der deutsch-thailändischen Beziehungen im Lichte des hanseatischen Vertrages von 1858 (66–81)
Die Hamburger Vorgeschichte der heute als offiziell angesehenen Geschichte. Hamburg war schon ab Oktober 1858 konsularisch in Bangkok vertreten. Dagegen schloß Preußen erst 1862 den ersten Vertrag mit Siam und setzte gar erst 1865 seinen ersten Konsul ein. Das bedeutet nichts anderes, als daß das 150jährige Bestehen der thai-deutschen Beziehungen eigentlich schon 2008 gewesen war, denn Hamburg ging genauso wie Preußen 1871 im Deutschen Reich auf und ist ein gleichwertiger Vorläufer der Bundesrepublik wie alle anderen deutschen Gebiete von Schwaben bis Schleswig.

4 คัททิยากร ศศิธรรามาส  Khatthiyakon Sasitharamat („Catthiyakorn Sasitharamas“)
Die deutsch-thailändischen Beziehungen im Zeitalter des Nationalismus (82–99)
Die thai-deutschen Beziehungen während der für beide Länder besonders ereignisreichen Zwischenkriegsjahre 1919–1939 und bis zum Ende des zweiten Weltkriegs waren vor den Forschungen der Autorin, die zu diesem Thema 2012 auch ein bahnbrechendes Buch veröffentlicht hat, noch nie Gegenstand einer wissenschaftlichen Monographie oder eines populärwissenschaftlichen Buches gewesen.

5 Volker Grabowsky
Die politische Situation in Siam 1925–1945 im Lichte zeitgenössischer deutscher Quellen (100–125)
König Prachathipoks (Rama 7) Politik der Sparsamkeit und Disziplin, seine Beziehungen (und die von Regierungmitgliedern) zum Deutschen Reich sowie die Beziehungen unter den verschiedenen siamesischen Regierungen nach dem Putsch von 1932 werden in diesem Aufsatz behandelt. Außerdem wertet der Autor zum Teil erstmals Dokumente der Deutschen Gesandschaft, später Botschaft aus, die die schwierige Regierungszeit nach dem Tode des verschwenderischen Königs Wachirawut (Rama 6) unter Prachathipok sowie verschiedenen Premiermistern wie zum Beispiel Pridi Phanomyong beleuchten. Auch geht es um die „Chinesische Frage“ und der Stellung der thailändischen Elite bzw. von Regierungsmitgliedern zum Kommunismus und zum Faschismus.

6 Folker Reichert
Baumharz, Polygamie und großer Verstand – Die Anfänge des deutschen Bildes von Siam (126–148)
Bereits 1515 erschien das erste Buch auf heutigem deutschen Staatsgebiet in deutscher Sprache, das sich nicht nur mit Asien befaßte, sondern in dem es sogar ein erstes Abbild des alten Siam gab. Es handelte sich einen Holzschnitt des berühmten Augsburger Malers und Holzschneiders Jörg Breu der Ältere, in dem drei Kaufleute aus Ayutthaya so dargestellt wurden, wie man sich diese zu jener Zeit vorstellte. 1502 und 1512 entstanden die ersten portugiesischen Karten, auf denen Siam eingezeichnet war und 1516 erschien die berühmte Carta marina navigatoria von Martin Waldseemüller, in der Siam ebenfalls enthalten ist. Des weiteren erfährt man unter anderem, was der deutsche (!) und zugleich „erste österreichische Weltreisende“ Christoph Carl Fernberger über das alte Betanien (Pattani) und Siam zu sagen hatte und was die „Madame“ am Hofe des Sonnenkönigs, Liselotte von der Pfalz, von den siamesischen Gesandten des Jahres 1686 in Paris in ihren Briefen erzählte.

Reichhaltig illustriertes Buch von 346 Seiten (Anfang des Aufsatzes von Chonthira Sattayawatthana)
Reichhaltig illustriertes Buch von 346 Seiten

7 Andreas Stoffers
„Die Siamer sind sanft, hoeflich und sorglos” (148–177)
Dieser Aufsatz schreibt das Bild, das sich Deut­sche von den Einwohnern Siams machten, bis in unsere Zeit fort und enthält unter anderem bemer­kens­werte Bilder und Textdokumente aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg; selbst ein er­staun­liches Bild von König Prachathipok beim Ab­schrei­ten einer Ehren­formation der Hitler­jugend fehlt nicht.

8 ถนอมนวล โอเจริญ Thanomnuan Ocharoen
Das Thailandbild im Spiegel der Tagebücher von Luis Weiler (178–201)
Der deutsche Eisenbahn-Bauingenieur Luis Weiler ist einer der um Thailand überaus verdienstvollen Menschen, die heute völlig zu Unrecht kaum noch bekannt sind. Sein Einsatz für Thailand rettete ihn nicht davor, daß er 1917 – wie alle anderen Deutschen und Österreicher, darunter auch der Direktor der Nationalbibliothek, Oskar Frankfurter –, noch vor der Kriegserklärung Siams an das Deutsche Reich seines Besitzes beraubt und er ausgewiesen wurde (ein Detail, das in dem Aufsatz fehlt). Auf dem Nachhausetransport ist Weiler gestorben. Dem Aufsatz entnimmt man, daß das Thailandbild der Tagebücher dieses hervorragenden Ingenieurs und Beobachters es wert ist, nicht vergessen zu werden.

9 อารตี แก้วสัมฤทธิ์ Arati Kaeosamrit („Aratee Kaewsumrit“)
Kritik des europäischen Überlegenheitsgedankens Anfang des 20. Jahrhunderts (202–217)
Bis zu diesem Berliner Vortrag unter dem ursprünglichen Titel „Karl Döhrings Roman Im Schatten Buddhas“, hatte sich noch nie ein Wissenschaftler mit den vier Siam-Romanen von Karl Döhring beschäftigt. Dabei beruhen alle seine Siam Romane – drei davon schrieb er unter dem Pseudonym Ravi Ravendro – lose auf historischen Ereignissen und sie beschreiben Personen, die zum Teil noch lebten, als Döhring seine Romane veröffentlichte.

10 Andreas Hartmann
Siam. Das Reich des weißen Elefanten. Eine Annäherung an Ernst von Hesse-Wartegg (218–231)
Der Autor ist einer der ersten, der sich wissenschaftlich mit dem geheimnisvollen Weltenbummler befaßt, über dessen Herkunft man so gut wie nichts weiß. Möglicherweise war er ein genialer Hochstapler. In seinem Aufsatz nutzte Hartmann auch zuvor unbekannte Quellen, die erst kurz vor seinem Vortrag im Bangkok am 21. September 2012 ans Licht kamen.

11 กิตติศักดิ์ ปรกติ Kittisak Prokkati
Der Einfluss des deutschen Rechts auf das gemischte thailändische Rechtssystem: Ein Rückblick und Ausblick (232–257)
Zumindest theoretisch liegt das thailändische Rechtssystem erstaunlich nahe an deutschen Rechtsgrundsätzen. Das gilt allerdings nicht für alle Bereiche. Professor Kittisak weist zudem nach, daß die Aneignung einer kontinentaleuropäischen Rechtskultur in Thailand auch heute noch nicht vollzogen ist. Interessante Beispiele und Exkurse lockern diesen lesenswerten Aufsatz sehr auf.

12 สุทิน จินาพรธรรม Suthin Chinaphontham („Suthin Jinaporntham“)
Die deutsch-thailändischen Beziehungen auf dem Gebiet der Medizin (übersetzt von Volker Grabowsky, 258–269)
Der Autor ist Arzt und berichtet über den erstaunlichen Beitrag deutschsprachiger Ärzte zum Gesundheitswesen in Thailand, seit 1828 mit Carl Friedrich Gützlaff der erste deutsche Mediziner siamesischen Boden betrat.

13 Marin Trenk
Abwehr und Verlangen. Zur deutsch-thailändischen kulinarischen Begegnung der letzten 150 Jahre  (270–291)
Der Frankfurter Ethnologe ist in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Liebling der Medien geworden, die ihn gerne in Interviews und Beschreibungen als „einzigen Nahrungs- oder Eß-Ethnologen Deutschlands“ präsentieren, was immer das genau sein mag. Tatsache ist, daß seine Themen stets auf ein sehr interessiertes Publikum treffen, so auch dieser für den Thai-Tag 2012 in Hamburg konzipierte Aufsatz.

14 ชลธิรา สัตยาวัฒนา Chonthira Sattayawatthana („Cholthira Satyawadhna“)
Der Einfluß deutscher Denker auf soziale und politische Bewegungen in Thailand (übersetzt von Hans Michael Hensel, 292–307)
Der zweiteilige Aufsatz befaßt sich im ersten Teil mit den Einfluß von Karl Marx auf freiheitlich gesinnte Denker und soziale Bewegungen in Thailand. Der zweite Teil ist Chit Phumisak gewidmet, einem der bedeutendsten sozialem Denker Thailands, der am 5. Mai 1966 nach der offiziellen Version von „Dorfbewohnern“ in Sakon Nakhon erschossen wurde. (In Wirklichkeit handelte es sich bei den Mördern um eine monarchistische Schlägerbande sowie um Soldaten.)

15 ชัยวัฒน์ ถิระพันธุ์ Chaiwat Thiraphan („Thirapantu“)
Kultureller Wissenstransfer zwischen Deutschland und Thailand (308–322)
Dieser sehr persönliche, in freier Rede gehaltene Vortrag war ein Höhepunkt der deutschsprachigen Vorträge in Hamburg 2012. Der aus Nakhon Si Thammarat stammende Präsident des Thai Civicnet Instituts verfolgt seit seiner Jugend die Idee einer gerechten und partizipatorischen Gesellschaft in Thailand. Er betont gerne  – und beweist es durch sein Auftreten – daß er stolz darauf sei, „made in Germany“, also in Deutschland ausgebildet worden zu sein. Kurzweilig lesen sich unter anderem seine ganz persönlichen Einblicke in das Studentenleben von Thais in Deutschland zur Zeit seiner Ausbildung.

Literaturverzeichnis (324–339)
Autorenverzeichnis (340–345)

Das Buch konnte in der vorliegenden Form nur durch seine Konzeption als „Goldenes Buch“ der Königlich Thailändischen Botschaft durch M & K erscheinen. Als Sponsoren beteiligten sich die Firmen B.Grimm, BASF und Behn-Meyer.

0Volker Grabowsky [Hg]: Thailand und Deutschland. 150 Jahre Diplomatie und Völkerfreundschaft. Segnitz bei Würzburg: Zenos Verlag 2014, broschiert, 346 Seiten, 16,8 x 24,2 cm, 948 g, ISBN 978-3-931018-40-5, 24,80 Euro.

Direktbestellung bei Zenos Verlag, Brückengasse 2, 97340 Segnitz, auch per Email: 2[ät]zenos-verlag.de oder durch den Buchhandel. Alle Lieferungen innerhalb Deutschlands erfolgen bei Direktbestellung portofrei. Lieferung ins Ausland einschließlich Thailand gegen Berechnung der reinen Porto-Mehrkosten (Gesamtpreis ca. 1280 Baht).

4 Gedanken zu „Thai-deutsche Diplomatie“

  1. Pingback: Nittaya.de
  2. Hallo, ich würde gerne das Buch „Deutschland und Thailand“ bestellen.
    Kann ich mit Kreditkarte bezahlen?
    Bitte schicken Sie mir Zahlungsinformationen zu.
    Mit freundlichen Grüssen
    XXX XXX
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    (Ein Beispiel für sehr viele Nachrichten, die uns auf diesem Weg erreichen.) Bitte wenden Sie sich bei Bestellungen und Anfragen direkt an die o.g. Verlagsadresse 2[ät]zenos-verlag.de (Red.)

    PS:
    Nein, Kreditkarte geht noch nicht, aber notfalls auch Bargeld im Brief.
    Nein, das Buch ist nicht als E-Book erschienen.
    Ja, Versand nach Thailand ist möglich. Höhere Versandkosten vorbehalten.

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